Corona - Auswirkungen auf die Baubranche
Dr. Thorsten Feldmann • 16. Juli 2021
Baurecht und Corona
Ursprünglicher Beitrag: Anfang 2020
Auch in der Baubranche wird die Coronaepidemie weitreichende, derzeit noch nicht absehbare Konsequenzen haben. Es wird unweigerlich zu Bauverzögerungen und Lieferengpässen kommen. Viele Arbeitskräfte werden wegen Quarantänemaßnahmen nicht einsatzfähig sein. Darüber hinaus wird man damit rechnen müssen, dass zahlreiche Baustellen von den Ordnungsbehörden stillgelegt oder Baustellen in ausgewiesenen Sperrgebieten liegen und nicht mehr erreichbar sein werden. Wie diese Probleme rechtlich zu lösen sind, ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Die Rechtsprechung sah sich bislang nicht mit einer derartigen Situation konfrontiert.
Das Hauptproblem dürften Störungen im Bauablauf durch epidemiebedingte Lieferengpässe darstellen. Grundsätzlich fällt die Materialbeschaffung in den Risikobereich des Auftragnehmers. Sofern es keine abweichenden vertraglichen Regelungen gibt, hat der Auftragnehmer dafür zu sorgen, dass die Materialbeschaffung fristgerecht und in ausreichendem Umfang erfolgt. Kommt der Auftragnehmer dieser Pflicht nicht nach, hat der Auftraggeber einen Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Schäden, die ihm durch die Verzögerung entstanden sind. Sowohl nach den werkvertraglichen Regelungen des BGB als auch nach der VOB/B ist Voraussetzung ein Verschulden des Auftragnehmers. Im Falle höherer Gewalt trifft den Auftragnehmer allerdings kein Verschulden. Unter höherer Gewalt wird ein von außen einwirkendes, objektiv unabwendbares Ereignis verstanden. Unter diese Definitionen fallen grundsätzlich auch Epidemien, wie die aktuelle Coronaepidemie.
Voraussetzung ist allerdings, dass tatsächlich ein Lieferengpass besteht, der auf die Coronaepidemie zurückzuführen ist. Das Baumaterial muss somit tatsächlich nicht lieferbar sein. Darüber hinaus darf ein Lieferengpass nicht auf eine mangelhafte Planung des Auftragnehmers beruhen. Hat dieser nicht rechtzeitig und nicht im erforderlichen Umfang Baumaterial im Voraus bestellt, kann er sich nicht zwangsläufig auf höhere Gewalt berufen. Sollte Baumaterial noch zu einem deutlich höheren Preis beschafft werden können, läge nach bisheriger Rechtsprechung keine höhere Gewalt vor. Auch erhebliche Preissteigerungen fallen in die Risikosphäre des Auftragnehmers. Dies wird im Einzelfall zu prüfen sein.
Sofern die Parteien die VOB/B vereinbart haben führt höhere Gewalt dazu, dass Ausführungsfristen verlängert werden. Auf jeden Fall sollte der Auftragnehmer in diesem Fall eine Behinderungsanzeige vornehmen. Der Behinderungsanzeige ist besondere Sorgfalt zu widmen. Die Behinderungsanzeige muss unverzüglich und schriftlich erfolgen. Der Auftragnehmer muss konkret Grund und Auswirkungen der Verzögerung darlegen.
Auch den Auftraggeber treffen besondere Mitwirkungspflichten. Er hat das Baugrundstück ausführungsreif zur Verfügung zu stellen. Verstößt der Auftraggeber gegen diese Mitwirkungspflichten, macht er sich schadensersatzpflichtig gegenüber dem Auftragnehmer. Grundsätzlich kommt es hierbei kein Verschulden des Auftraggebers erforderlich. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn nicht vorhersehbare und nicht beherrschbare äußere Einflüsse ursächlich sind. Die Rechsprechung hat dies insbesondere bei außergewöhnlichen Witterungseinflüssen entschieden. Daran gemessen dürfte auch die Coronaepidemie einen Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers entfallen zu.
Anders sieht dies bei einer finanziellen Notlage des Auftraggebers aus. Sollte diese auf höherer Gewalt beruhen, wird sich der Auftraggeber nicht darauf berufen können, dass er diesen Umstand nicht zu vertreten hat. Das Liquiditätsrisiko trägt grundsätzlich der Auftraggeber.
Für beide Vertragsparteien stellt sich zudem die Frage, ob Bauverträge aufgrund der koronare Epidemie gekündigt werden können. Eine ordentliche Kündigung ist immer zulässig mit der Folge, dass ein weitergehender Vergütungsanspruch des Auftragnehmers besteht. Darüber hinaus können beide Vertragsparteien außerordentlich kündigen, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens unzumutbar ist. Dies wird im Einzelfall zu prüfen sein. Allerdings sollten die Vertragsparteien nicht übereilt und leichtfertig eine außerordentliche Kündigung aussprechen. Unter Umständen kann eine unwirksame außerordentliche Kündigung im Falle einer Umdeutung in eine freie Kündigung zur Folge haben, dass der Auftragnehmer die volle Vergütung verlangen kann. Im umgekehrten Fall besteht für den Auftraggeber die Möglichkeit, einer außerordentlichen Kündigung. Besondere Bedeutung dürfte die Kündigungsmöglichkeit nach § 6 Abs VII VOB/B erlangen. Danach besteht für beide Vertragsparteien eine Kündigungsmöglichkeit, wenn die Unterbrechung der Bauausführung länger als drei Monate dauert.
Unter Umständen könnte auch ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen mit der Folge der Vertragsanpassung oder eines Rücktrittsrechts. Für Kriege und grundlegende Änderung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse ist dies durchaus anerkannt. Ob dies auch für Epidemien gilt, wird die Rechtsprechung zu klären haben.
Zukünftig sollten entsprechende Klauseln hinsichtlich höherer Gewalt bzw. außergewöhnliche Ereignisse in Bauverträgen aufgenommen werden. In Zukunft wird man die sich aktuell abzeichnenden Auswirkungen der koronare Epidemie nicht mehr als höhere Gewalt einschätzen können. Ohne vertragliche Regelungen wird sich der Auftragnehmer zukünftig aller Voraussicht nach nicht mehr auf unvorhersehbare Umstände berufen können. Insoweit besteht aus Sicht des Bauunternehmers - auch des Subunternehmers – Handlungsbedarf.
Das Hauptproblem dürften Störungen im Bauablauf durch epidemiebedingte Lieferengpässe darstellen. Grundsätzlich fällt die Materialbeschaffung in den Risikobereich des Auftragnehmers. Sofern es keine abweichenden vertraglichen Regelungen gibt, hat der Auftragnehmer dafür zu sorgen, dass die Materialbeschaffung fristgerecht und in ausreichendem Umfang erfolgt. Kommt der Auftragnehmer dieser Pflicht nicht nach, hat der Auftraggeber einen Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Schäden, die ihm durch die Verzögerung entstanden sind. Sowohl nach den werkvertraglichen Regelungen des BGB als auch nach der VOB/B ist Voraussetzung ein Verschulden des Auftragnehmers. Im Falle höherer Gewalt trifft den Auftragnehmer allerdings kein Verschulden. Unter höherer Gewalt wird ein von außen einwirkendes, objektiv unabwendbares Ereignis verstanden. Unter diese Definitionen fallen grundsätzlich auch Epidemien, wie die aktuelle Coronaepidemie.
Voraussetzung ist allerdings, dass tatsächlich ein Lieferengpass besteht, der auf die Coronaepidemie zurückzuführen ist. Das Baumaterial muss somit tatsächlich nicht lieferbar sein. Darüber hinaus darf ein Lieferengpass nicht auf eine mangelhafte Planung des Auftragnehmers beruhen. Hat dieser nicht rechtzeitig und nicht im erforderlichen Umfang Baumaterial im Voraus bestellt, kann er sich nicht zwangsläufig auf höhere Gewalt berufen. Sollte Baumaterial noch zu einem deutlich höheren Preis beschafft werden können, läge nach bisheriger Rechtsprechung keine höhere Gewalt vor. Auch erhebliche Preissteigerungen fallen in die Risikosphäre des Auftragnehmers. Dies wird im Einzelfall zu prüfen sein.
Sofern die Parteien die VOB/B vereinbart haben führt höhere Gewalt dazu, dass Ausführungsfristen verlängert werden. Auf jeden Fall sollte der Auftragnehmer in diesem Fall eine Behinderungsanzeige vornehmen. Der Behinderungsanzeige ist besondere Sorgfalt zu widmen. Die Behinderungsanzeige muss unverzüglich und schriftlich erfolgen. Der Auftragnehmer muss konkret Grund und Auswirkungen der Verzögerung darlegen.
Auch den Auftraggeber treffen besondere Mitwirkungspflichten. Er hat das Baugrundstück ausführungsreif zur Verfügung zu stellen. Verstößt der Auftraggeber gegen diese Mitwirkungspflichten, macht er sich schadensersatzpflichtig gegenüber dem Auftragnehmer. Grundsätzlich kommt es hierbei kein Verschulden des Auftraggebers erforderlich. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn nicht vorhersehbare und nicht beherrschbare äußere Einflüsse ursächlich sind. Die Rechsprechung hat dies insbesondere bei außergewöhnlichen Witterungseinflüssen entschieden. Daran gemessen dürfte auch die Coronaepidemie einen Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers entfallen zu.
Anders sieht dies bei einer finanziellen Notlage des Auftraggebers aus. Sollte diese auf höherer Gewalt beruhen, wird sich der Auftraggeber nicht darauf berufen können, dass er diesen Umstand nicht zu vertreten hat. Das Liquiditätsrisiko trägt grundsätzlich der Auftraggeber.
Für beide Vertragsparteien stellt sich zudem die Frage, ob Bauverträge aufgrund der koronare Epidemie gekündigt werden können. Eine ordentliche Kündigung ist immer zulässig mit der Folge, dass ein weitergehender Vergütungsanspruch des Auftragnehmers besteht. Darüber hinaus können beide Vertragsparteien außerordentlich kündigen, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens unzumutbar ist. Dies wird im Einzelfall zu prüfen sein. Allerdings sollten die Vertragsparteien nicht übereilt und leichtfertig eine außerordentliche Kündigung aussprechen. Unter Umständen kann eine unwirksame außerordentliche Kündigung im Falle einer Umdeutung in eine freie Kündigung zur Folge haben, dass der Auftragnehmer die volle Vergütung verlangen kann. Im umgekehrten Fall besteht für den Auftraggeber die Möglichkeit, einer außerordentlichen Kündigung. Besondere Bedeutung dürfte die Kündigungsmöglichkeit nach § 6 Abs VII VOB/B erlangen. Danach besteht für beide Vertragsparteien eine Kündigungsmöglichkeit, wenn die Unterbrechung der Bauausführung länger als drei Monate dauert.
Unter Umständen könnte auch ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen mit der Folge der Vertragsanpassung oder eines Rücktrittsrechts. Für Kriege und grundlegende Änderung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse ist dies durchaus anerkannt. Ob dies auch für Epidemien gilt, wird die Rechtsprechung zu klären haben.
Zukünftig sollten entsprechende Klauseln hinsichtlich höherer Gewalt bzw. außergewöhnliche Ereignisse in Bauverträgen aufgenommen werden. In Zukunft wird man die sich aktuell abzeichnenden Auswirkungen der koronare Epidemie nicht mehr als höhere Gewalt einschätzen können. Ohne vertragliche Regelungen wird sich der Auftragnehmer zukünftig aller Voraussicht nach nicht mehr auf unvorhersehbare Umstände berufen können. Insoweit besteht aus Sicht des Bauunternehmers - auch des Subunternehmers – Handlungsbedarf.
Nehmen Sie Kontakt zum Autor auf!
BGH v. 30.1.2024, VIII ZB 43/23