Auswirkungen der Umsatzsteuersenkung auf Gewerbemietverträge
Dr. Thorsten Feldmann • 19. Juli 2021
Gewerberaummietrecht
Ursprünglicher Beitrag: Mitte 2020
Die Umsatzsteuersenkung aufgrund des "Zweiten Corona–Steuerhilfegesetzes" von 19 % auf 16 % hat auch Auswirkungen auf bestehende Gewerbemietverträge. Umsatzsteuerpflichtige Gewerbemieten unterfallen für den Zeitraum 1.7.2020 - 31.12.2020 dem reduzierten Steuersatz von 16 %. Dies betrifft gewerbliche Mietverträge, in denen der Vermieter nach § 9 II UStG zur Umsatzsteuer optiert hat. Entscheidet hierbei ist nicht, wann die Mieten jeweils gezahlt werden, sondern der vertraglich vereinbarte Fälligkeitszeitpunkt.
Die Auswirkungen sind allerdings je nach vertraglicher Regelung unterschiedlich:
Enthält der Mietvertrag die Regelung "Nettomiete zzgl. aktuell geltender gesetzlicher Umsatzsteuer", hat der Mieter automatisch lediglich die reduzierte Bruttomiete zu zahlen.
Ist im Mietvertrag lediglich geregelt "Nettomiete zzgl. 19 % Umsatzsteuer", hat der Mieter – jedenfalls dem Wortlaut nach – keinen Anspruch auf eine reduzierte Bruttomiete. Im Wege ergänzender Vertragsauslegung wird die vertragliche Vereinbarung dahingehend auszulegen sein, dass nur der gesetzlich geltende Umsatzsteuersatz geschuldet wird. Der Mieter muss somit nur die reduzierte Bruttomiete zahlen.
Haben die Mietparteien eine Pauschalmiete vereinbart, hat der Mieter die vereinbarte Pauschalmiete zahlen. Der Mieter hat nicht die Möglichkeit, die Miete aufgrund der Umsatzsteuersenkung zu reduzieren. Ihm steht gegenüber dem Vermieter kein Ausgleichsanspruch zu (§ 29 I 2 UStG).
In diesem Zusammenhang ist die Regelung des § 29 UStG bedeutsam. Beruht die Leistung auf einem Vertrag, der nicht später als vier Monate vor Inkrafttreten der Umsatzsteuersenkung abgeschlossen worden ist, so kann der eine Vertragsteil, wenn nach dem UStG ein anderer Steuersatz anzuwenden ist, der Umsatz steuerpflichtig, steuerfrei oder nicht steuerbar wird, von dem anderen nach § 29 I UStG einen angemessenen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr– oder Minderbelastung verlangen. Dies gilt nach § 29 II UStG auch im Falle einer Gesetzesänderung - wie im Fall der Umsatzsteuersenkung. Dies hat folgende Auswirkungen:
Ist der Mietvertrag vor dem 1.3.2020 abgeschlossen worden und enthält eine Bruttomiete ohne separaten Umsatzsteuerausweis, kann der Mieter von dem Vermieter einen Ausgleich i. H. V. 3 % verlangen.
Haben die Mietparteien den Vertrag nach dem 29.2.2020 geschlossen und einen Bruttomietzins vereinbart, findet § 29 II UStG keine Anwendung. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung wird man hier allerdings zum dem Ergebnis kommen müssen, dass der Vermieter lediglich den ermäßigten Umsatzsteuersatz berechnen kann.
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